Fußballer sind bekannt für ihre Schnelligkeit und Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor. Vor allem Stürmer. Doch wie schnell Offensivmann Salomon Kalou von Hertha BSC vergangene Woche nahezu sämtliche Compliance- und Corona-Regeln seines Arbeitsgebers und des Regulators, hier die Deutsche Fußball-Liga, gebrochen hat, ist absolut rekordverdächtig.
Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Mitarbeiter stellt ein Video ins Internet. Zu sehen sind Kollegen, die nicht gefilmt werden wollten, offen geführte Diskussionen inklusive Kritik über die Gehaltszahlungen, Händeschütteln statt Corona-Abstand und die verbotene Anwesenheit beim medizinischen Test eines anderen Mitarbeiters durch den Betriebsarzt. Und das alles 25,5 Minuten lang. Live. Auf Facebook.
So viele Verstöße gegen Compliance- und Corona Regeln, weltweit sichtbar bei Facebook, machen zunächst fassungslos. Der Fußballprofi hatte offenbar wenig oder gar nicht nachgedacht – darüber, was er mit seinem Video sich selbst, seinem Arbeitgeber, aber auch seinen Kollegen antut, über deren Recht am eigenen Bild, über mögliche Folgen in der Diskussion über die Fortsetzung der Bundesliga. Und darüber, was wohl schwer erkrankte Corona-Patienten empfinden, die ihn sehen, wie er amüsiert ein Corona-Liedchen trällert.
Wie konnte so etwas passieren? Wissen zum Beispiel Ihre Mitarbeiter, dass Bilder von Team-Feiern oder Betriebsjubiläen ohne schriftliche Genehmigung der gezeigten Personen nicht (im Internet) veröffentlicht werden dürfen? Auch Schnappschüsse in der Firmen-Lobby, Kantine oder im Großraumbüro fallen darunter.
Snapchat, Instagram & Co. gehören schon lange zum Lebensalltag vor allem jüngerer Kolleginnen und Kolleginnen. Genauso wie Herthas Stürmer Kalou wollen diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber meistens nichts Böses. Andere am eigenen (Betriebs-) Leben teilhaben zu lassen, ist doch schlichtweg normal – so denken nicht wenige. All dies mag banal klingen – ist es aber nicht.
Schließlich wurde nicht nur die Integrität des Spielers und seines Arbeitgebers schwer beschädigt. Plötzlich bestand auch die Gefahr einer möglichen Verschiebung des erst kurz zuvor von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Wiederbeginns des Spielbetriebs der Fußballigen 1, 2 und 3.
Ich habe keine Dauerkarte. Aber die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen einer verlängerten Spielpause, verursacht durch das Video eines einzigen Spielers, liegen auch für mich auf der Hand. Soweit kam es am Ende zwar nicht, aber überrascht hätte es auch niemanden.
Mein Fazit zum Abpfiff: Viele Unternehmen haben eigene Compliance-Vorgaben. Wichtig ist auch, den Mitarbeitern diese Regeln durch Schulungen zu vermitteln und sicherzustellen, dass die Einhaltung dieser Regeln von Zeit zu Zeit überprüft wird. Im Fall Hertha BSC scheint es interne Regeln zu geben, immerhin. Bei genauerem Hinsehen scheinen die sich auf Themen wie „Pünktlichkeit beim Training“ oder „Respekt gegenüber unseren Trainern“ zu beschränken. Wie anders ist es zu erklären, dass kein Mitspieler, Arzt oder andere Klub-Angestellte die Videoaufnahme per Smartphone unterbunden hat?
Die Arbeitsgruppe Sport von Transparency International unterstützt seit einiger Zeit Sportvereine dabei, einen zeitgemäßen Verhaltenskodex aufzusetzen. Der aktuelle Fall zeigt, wie dringend notwendig dies ist. Für Salomon Kalou kommen diese Regeln zu spät. Er wurde noch am selben Tag suspendiert. Damit hat er gute Chancen, einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt zu haben. Wenn auch einen zweifelhaften.
Bis zum nächsten Mal. Bleiben Sie gesund und compliant!
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