Nadine Jacobi
EU-Whistleblower-Richtlinie: Praxistipps für UnternehmensentscheiderTeil 8

Hinweisgeber-Meldekanal: Wer soll das bezahlen?

Whistleblower reporting channel: Who should pay for it?
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Erfolgreiche Unternehmer stellen sich vor einer Investition grundsätzlich zwei Fragen: Was bringt es? Was kostet es? Die Vorteile des Hinweisgebersystems haben Dr. Rainer Buchert und ich in den vorangegangenen Beiträgen unserer Blog-Serie ausführlich erläutert. Nun ist es an der Zeit, über die Kosten zu reden – auch über die versteckten.

(Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir im Text auch das generische Maskulinum. Gemeint sind immer alle Geschlechter.)

„Sie glauben, Compliance sei teuer? Dann versuchen Sie’s mal ohne.“ Dieses (sinngemäße) Zitat des früheren US-General-Staatsanwalts Paul McNulty gilt auch für ein Hinweisgebersystem, das nun Unternehmen in Deutschland einrichten müssen.

 

Anschaffungs- und Betriebskosten sind nicht alles

Welche Systeme es gibt, was sie unterscheidet und welche wir empfehlen, haben wir bereits in dieser Blog-Serie ausführlich beleuchtet. Reden wir also über das Geld. Dabei geht es nicht nur um Budgets, die für die Anschaffung und den Betrieb eines Hinweisgebersystems einzuplanen sind. Es geht auch um Folgekosten, die zum Teil versteckt lauern. Aber dazu später mehr.

Die Kosten für technische Lösungen oder Ombudspersonen variieren zum Teil deutlich, Preisvergleichsportale sind im Internet nicht zu finden. Kein Wunder, denn die Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Unternehmensgröße, der Zahl der Mitarbeiter, der Branche und davon, wie viele Gesellschaften im Ausland berücksichtigt werden müssen.

 

Mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Für webbasierte Hinweisgeber-Meldesysteme gibt es eine Vielzahl von Anbietern. Die angebotenen Lösungen reichen von großen Systemen für weltweit tätige Konzerne bis hin zu Link-basierten Systemen für mittelständische Unternehmen. Dementsprechend groß sind die Preisunterschiede. Was keines der Systeme ersetzen kann: Die Beratung eines Hinweisgebers, die Verifizierung des Hinweises und die Empfehlung an das Unternehmen, welche Maßnahmen angemessen sind. Diese Aufgaben müssen vom Compliance Manager und anderen Funktionseinheiten übernommen oder an einen externen Dienstleister vergeben werden. Beide Möglichkeiten verursachen Kosten, die intern bzw. extern zu Buche schlagen, und bei einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation in jedem Fall zu den reinen Betriebskosten einer technischen Lösung hinzugerechnet werden müssen.

Verpflichtet das Unternehmen eine Ombudsperson als Ansprechpartner für Hinweisgeber, wird diese in der Regel auch für die Berichterstattung und weitere Beratungsleistungen genutzt. Das ist sinnvoll, wenn man dafür nicht eigene Kapazitäten binden kann oder will oder auf die besondere Expertise der Ombudsperson zurückgegriffen werden soll. Dementsprechend besteht das Honorar für eine Ombudsperson in aller Regel aus zwei Komponenten: Zunächst wäre da die Monatspauschale, mit der die Bereitstellung der Dienstleistung abgegolten wird. Sie orientiert sich meistens an der Zahl der Mitarbeiter.  Hinzu kommen die Arbeitsstunden für mögliche Folgegespräche mit einem Hinweisgeber, das Erstellen eines Berichts und – falls vom Unternehmen gewünscht – eine Plausibilitätsprüfung oder weitere Beratungsleistungen durch die Ombudsperson.

 

Aufbereitung durch die Ombudsperson

Der durchschnittliche Zeitaufwand für die komplette Bearbeitung eines substantiellen Hinweises inklusive eines schriftlichen Berichts beträgt zwei bis vier Stunden. Kurze Sachverhalte erfordern oft weniger Zeitaufwand. Es kann aber im Rahmen der Plausibilisierung des Hinweises oder den sich anschließenden internen Ermittlungen aber auch zu Rückfragen durch das Unternehmen kommen. Dann ergibt sich durch den weiteren Dialog zwischen der Ombudsperson und dem Hinweisgeber ggf. auch ein Mehraufwand, der naturgemäß von dem Umfang der zu klären Fragen abhängig ist.

 

Mit wie vielen Hinweisen Unternehmen rechnen können

Was zunächst nach einem hohen Betrag klingt, relativiert sich bei der Betrachtung der Häufigkeit von Hinweisen. Aus unserer langjährigen Erfahrung können Unternehmen mit bis zu 1000 Beschäftigten damit kalkulieren, dass pro Jahr zwischen null und vier Hinweise abgeben werden. Die Zahl der Hinweise wächst mit größerer Belegschaft in der Regel nicht exorbitant: Ombudspersonen von Unternehmen mit 10.000 Mitarbeitern registrieren im Durchschnitt zwei bis fünf Hinweise pro Jahr, bei 100.000 Beschäftigten ergeben sich für die Ombudsperson im Durchschnitt 20 bis 30 Hinweise.

Diese Zahlen können jedoch nur eine grobe Orientierung darstellen, da sie von vielen Faktoren abhängig sind. Dazu zählen insbesondere die Qualität und Intensität der Innenwerbung, also die Maßnahmen, mit denen das Hinweisgebersystem den Mitarbeitern und Dritten bekannt gemacht worden ist. Aber auch die Branche, interne Strukturen und die Aktivität in Märkten verschiedener Länder.

 

Der interne Aufwand wird oft übersehen

Was viele Unternehmen zudem unterschätzen oder gar übersehen sind Kosten, die intern entstehen. Da wäre zunächst der Arbeitsaufwand für den internen Gesprächspartner der Ombudsperson sowie der Aufwand für eine mögliche Sachverhaltsaufklärung, die mehrere Tage, aber auch Wochen und in Einzelfällen sogar Monate dauern kann. Hier stellt sich dann oft die Frage, ob externe Spezialisten beauftragt werden sollen oder müssen. Dies kostet zwar mehr, geht aber auch schneller und ergibt oft auch bessere Ergebnisse. Die im Rahmen einer durchgeführten objektiven Sachverhaltsaufklärung erstellten Berichte inklusive Beweise sind zudem auch gerichtsverwertbar.

 

Teure Abfindungen durch die Vereinbarung von Aufhebungsvereinbarungen …

Und wenn wir gerade bei den „versteckten Kosten“ sind: Erhärtet sich ein schwerwiegender Verdachtshinweis, wird sich das Unternehmen von dem „Schuldigen“ trennen. Dies erfolgt zumeist über einen Aufhebungsvertrag mit entsprechender Abfindungszahlung und nicht, wie viele denken, mittels fristloser Kündigung, die eher den Ausnahmefall darstellt. Der Grund: Meistens fehlt es an eindeutigen Beweisen für das Fehlverhalten, die für eine außerordentliche Kündigung aber notwendig sind. Allzu oft gibt es in den Unternehmen nicht eindeutig formulierte Richtlinien, unzureichende Schulungsangebote zum Thema Compliance, fehlende (Kontroll-) Prozesse, eine unklare Perspektive für die Gerichtsverhandlung am Arbeitsgericht sowie weitere juristische Feinheiten, mit denen sich der Beschäftigte absehbar erfolgreich gegen die Androhung eines Rauswurfs zur Wehr setzen könnte.

 

Warum Unternehmen nicht auf gegenseitige Ansprüche verzichten sollten

Apropos Kosten: Kommt es zum Aufhebungsvertrag mit einem zu Recht beschuldigten Mitarbeiter, sollte unter keinen Umständen die Standardklausel im Vertrag verwendet werden, nach der beide Seiten auf „alle gegenseitigen Ansprüche“ verzichten. Wir haben schon häufig erlebt, dass Unternehmen in diesen Fällen keine Ansprüche mehr auf Schadenersatz erheben konnten, obwohl dies nach der endgültigen Klärung aller Sachverhalte sehr wohl möglich gewesen wäre.

Mit diesem Tipp aus der Praxis schließen wir für heute. Und bitte denken Sie daran: Ganz gleich, für welchen Meldekanal Sie sich letztlich entscheiden: Die Kosten hierfür werden immer niedriger sein als ein schlagzeilenträchtiger Skandal, den das Unternehmen durch die interne Aufklärung eines anonymen Hinweises hätte verhindern können.

 

Unseren nächsten Blog-Teil eröffnen wir mit der Frage: „Wann haben Sie mit dem Betriebsrat zuletzt über Compliance gesprochen? An dieser Stelle! In zwei Wochen – versprochen!

 

>>>>> english version >>>>>

Part 8 of the blog series on the EU Whistleblower Directive: Practical tips for corporate decision-makers

Whistleblower reporting channel: Who should pay for it?

Successful entrepreneurs basically ask themselves two questions before making an investment: What are the benefits? What does it cost? Dr. Rainer Buchert and I have explained the advantages of the whistleblower system in detail in previous posts in our blog series. Now it is time to talk about the costs – including the hidden ones.

„You think compliance is expensive? Then try it without.“ This (analogous) quote by former US Attorney General Paul McNulty also applies to a whistleblower system that companies in Germany now have to set up.

 

Acquisition and operating costs are not everything

We have already looked in detail at which systems are available, what makes them different and which ones we recommend in this blog series. So, let’s talk about money. This is not just about budgets that need to be budgeted for the acquisition and operation of a whistleblowing system. It’s also about follow-up costs, some of which lurking in hiding. But more on that later.

The costs for technical solutions or ombudspersons vary considerably in some cases, and price comparison portals cannot be found on the internet. No wonder, because the costs depend on various factors, including the size of the company, the number of employees, the industry and how many companies abroad have to be taken into account.

 

What costs should I expect?

There are a variety of providers for web-based whistleblower reporting systems. The solutions offered range from large systems for globally active corporations to link-based systems for medium-sized companies. The price differences are correspondingly large. What none of the systems can replace: Advising a whistleblower, verifying the tip and recommending to the company which measures are appropriate. These tasks must be taken on by the compliance manager and other functional units or outsourced to an external service provider. Both options cause costs that are charged internally or externally and must always be added to the pure operating costs of a technical solution in a business calculation.

If the company engages an ombudsperson as a contact person for whistleblowers, this ombudsperson is usually also used for reporting and further advisory services. This makes sense if the company cannot or does not want to tie up its own capacities for this purpose, or if the special expertise of the ombudsperson is to be used. Accordingly, the fee for an ombudsperson usually consists of two components: First, there is the monthly fee, which compensates for the provision of the service. This is usually based on the number of employees.  In addition, there are the working hours for possible follow-up talks with a whistleblower, the preparation of a report and – if requested by the company – a plausibility check or further advisory services by the ombudsperson.

 

Processing by the ombudsperson

The average time required for the complete processing of a substantive notice including a written report is two to four hours. Short cases often require less time. However, there may also be queries from the company in the course of the plausibility check of the tip or the subsequent internal investigations. In this case, the further dialogue between the ombudsperson and the whistleblower may also result in additional expenditure, which naturally depends on the scope of the questions to be clarified.

 

How many tips companies can expect

What initially sounds like a high amount is put into perspective when considering the frequency of reports. Based on our many years of experience, companies with up to 1,000 employees can calculate that between zero and four reports are made per year. The number of tips usually does not increase exorbitantly with a larger workforce: ombudspersons of companies with 10,000 employees register an average of two to five tips per year, with 100,000 employees the ombudsperson receives an average of 20 to 30 tips.

However, these figures can only be a rough guide, as they depend on many factors. These include, in particular, the quality and intensity of internal advertising, i.e., the measures used to make the whistleblower system known to employees and third parties. But also, the industry, internal structures and the activity in markets of different countries.

 

Internal costs are often overlooked

What many companies also underestimate or even overlook are the costs that arise internally. First of all, there is the workload for the ombudsperson’s internal interlocutor as well as the expense for a possible clarification of the facts, which can take several days, but also weeks and in individual cases even months. Here the question often arises as to whether external specialists should or must be commissioned. Although this costs more, it is also quicker and often produces better results. The reports and evidence produced in the course of an objective investigation of the facts are also admissible in court.

 

Expensive compensation through the agreement of termination agreements …

And while we are on the subject of „hidden costs“: If there are serious indications of suspicion, the company will part with the “guilty party“. This is usually done by means of a termination agreement with a corresponding compensation payment and not, as many think, by means of termination without notice, which is rather the exception. The reason is that there is usually no clear evidence of misconduct, which is necessary for extraordinary dismissal. Most of the time, there is a lack of clear evidence of the misconduct, which is, however, necessary for an extraordinary dismissal. All too often, companies have ambiguously formulated guidelines, insufficient training offers on the topic of compliance, a lack of (control) processes, an unclear perspective for the court hearing in the labour court and other legal nuances with which the employee could foreseeably successfully defend himself against the threat of being dismissed.

 

Why companies should not waive mutual claims

Speaking of costs: If a termination agreement is concluded with an employee who has been justifiably accused, under no circumstances should the standard clause in the contract be used according to which both sides waive „all mutual claims“. We have often seen that companies were no longer able to claim damages in these cases, although this would have been very possible after the final clarification of all the facts.

With this tip from practical experience, we conclude for today. And please remember: No matter which reporting channel you ultimately choose: The costs will always be lower than a headline-grabbing scandal that the company could have prevented through the internal clarification of an anonymous tip.

 

We open our next blog section with the question: „When did you last talk to the works council about compliance? In this space! In a fortnight – We promise!

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