Nadine Jacobi
EU-Whistleblower-Richtlinie: Praxistipps für UnternehmensentscheiderTeil 9

Wann haben Sie zuletzt mit dem Betriebsrat über Compliance gesprochen?

When did you last talk to the works council about compliance?
>>> english version below >>>

Die Geschäftsleitung hat sich entschieden: Im Unternehmen soll zusätzlich zum bereits bestehenden Meldekanal noch ein weiterer Meldekanal für Hinweisgeber eingeführt werden: Es geht um den Einsatz einer Ombudsperson. Der Betriebsrat hat in diesem Fall kein Mitbestimmungsrecht. Das Management bindet ihn trotzdem ein. Warum dies äußerst sinnvoll ist und welche Vorteile beide Seiten von einer Zusammenarbeit in diesem Thema haben, erläutern Dr. Rainer Buchert und ich in der heutigen Folge unserer gemeinsamen Blog-Serie zum Thema „Hinweisgeberschutz“.

(Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir im Text auch das generische Maskulinum. Gemeint sind immer alle Geschlechter.)

Mehr als einmal haben wir in der Praxis erlebt, dass der Kampf gegen Wirtschaftskriminalität im Unternehmen unnötig erschwert wird, wenn die Compliance-Abteilung nicht frühzeitig den Dialog mit dem Betriebsrat sucht. Beispielsweise ist die Beauftragung einer Ombudsperson ein guter Anlass, die Kommunikation mit den Belegschaftsvertretern zu suchen. Dabei geht es z.B. um das erwähnte Meldesystem selbst, aber auch um die Rahmenbedingungen für möglicherweise erforderliche Interne Untersuchungen zur Aufklärung eines Sachverhaltes sowie die etwaige Sanktionierung von individuellem Fehlverhalten von Mitarbeitern. Aber der Reihe nach.

 

Überzeugen statt verhandeln

Oftmals beschränkt sich die Kommunikation mit dem Betriebsrat auf die Themen, die mitbestimmungspflichtig sind. Dazu gehören Betriebsvereinbarungen, beispielsweise zum Umgang mit Internen Untersuchungen auf Grundlage erhaltener Hinweise. Die Zustimmung des Betriebsrates ist jedoch nicht erforderlich, wenn das Unternehmen zu einem bestehenden Meldekanal eine Ombudsperson als zusätzlichen Meldekanal einrichtet. Dennoch ist es ratsam, auch hierzu frühzeitig den Kontakt zum Betriebsrat aufzunehmen. Dann gelingt es in der Regel, dem Betriebsrat die Vorteile eines wirksamen Meldesystems zu vermitteln, mit dem die Identität der Hinweisgeber wirksam geschützt wird. Wird die gewünschte Akzeptanz bei den Belegschaftsvertretern erzielt, werden sich diese auch gegenüber den Mitarbeitern für die Nutzung des Meldesystems aussprechen. Dann haben Management und Compliance-Abteilung von Beginn an mit dem Betriebsrat einen einflussreichen Unterstützer. Diese Unterstützung kann bis hin zur Sanktionierung einzelner „schwarzer Schafe“ reichen. Denn die können durch die Vornahme wirtschaftskrimineller Handlungen zum eigenen Vorteil ein ganzes Unternehmen in Schieflage bringen.

 

Hinweise auf sexuelle Belästigung und Rassismus: Hier bedarf es Professionalität und Empathie

Seit Beginn der weltweit vielbeachteten #MeToo-Bewegung haben sich Hinweise auf sexuelle Belästigung, aber auch Diskriminierung und Rassismus in vielen Unternehmen vermehrt. Dies stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Wir haben es schon mehrfach erlebt, dass bei Hinweisen mit Bezug zu solchen Themen gerne der Leiter Personal das Zepter übernimmt, hier die Befragung des Hinweisgebers und gleichzeitigen „Opfers“ – und dies nicht gerade in sensibler Art und Weise: Unnachgiebiges Nachfragen und Insistieren auf die Verursacherfrage sind oftmals Kennzeichen eines solchen Gesprächsstils, der ohne notwendige Empathie ganz sicher nicht zur Aufklärung des Vorgangs führt.

 

Haben Ihre Mitarbeiter auch Zugang zu einer weiblichen Ombudsperson?

Insbesondere eine potentielle Hinweisgeberin, aber auch männliche Hinweisgeber, können gehemmt sein, einen solchen Sachverhalt einer männlichen Ombudsperson anzuzeigen. Es empfiehlt sich daher zu ermöglichen, dass Frauen und Männer ihren Hinweis auf sexuelle Belästigung nicht gegenüber einem Mann, sondern einer Frau äußern können. Das Empfinden, wer der richtige und vertrauensvolle Ansprechpartner ist, ist sehr subjektiv. Fakt ist aber: Je besser sich der Hinweisgeber aufgehoben und verstanden fühlt, desto eher wird er oder sie motiviert sein, tatsächliche Missstände zu melden. Viele Unternehmen, die bisher ausschließlich mit einem Ombudsmann gearbeitet haben, sind daher dazu übergegangen, (auch) die Kontaktaufnahme zu einer Ombudsfrau zu ermöglichen.

 

Ein Fall für Spezialisten

Kommt es nach einem belastbaren Hinweis auf Fehlverhalten im #MeToo-Kontext zu einer Internen Untersuchung, sollte das Unternehmen hierfür ausschließlich entsprechend ausgebildete Experten einsetzen, die aufgrund ihrer speziellen Kompetenz meist von extern kommen. Sie sollten über Erfahrung und Know-how verfügen, die psychische Verfassung des Hinweisgebers einschätzen zu können, die angemessene Art der Interviewführung beherrschen und die in solchen Fällen anzuwendenden rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Anforderungen an die Beweissicherung kennen. Die Beauftragung der Internen Revision mit einer Untersuchung in diesem Kontext, kommt aus unserer Sicht nur dann in Frage, wenn sie über die genannten Kompetenzen verfügt.

 

Bei Niederlassungen im Ausland wird es komplizierter

Unternehmen mit Niederlassungen in verschiedenen Ländern müssen die Frage beantworten, in welchen Sprachen das Meldesystem für Hinweisgeber angelegt werden soll. Nur auf Deutsch? Englisch? Oder in allen vertretenen Landessprachen? Unsere Empfehlung ist eindeutig: Im Sinne der Akzeptanz des Meldesystems und der Behörden, die wegen eines gemeldeten Verstoßes möglicherweise ermitteln werden, sollte das Meldesystem in der jeweiligen Landessprache der Niederlassung zur Verfügung gestellt werden.

Diskutiert wird häufig auch die Frage, wie Hinweise bearbeitet werden, die in einer Tochtergesellschaft im Ausland eingegangen sind. Sollte zum Beispiel jeder Hinweis unmittelbar und vor einer ersten Überprüfung an die Muttergesellschaft weitergeleitet werden? (Diesem Thema hatten wir uns schon in dieser Blogserie gewidmet (Teil 5).

 

Am Ende geht nichts ohne die Muttergesellschaft

Unsere Empfehlung im oben beschriebenen Fall ist eindeutig: Hinweise sollten bei vorhandener Expertise und Kapazitäten zunächst lokal untersucht werden, gegebenenfalls mit Unterstützung hierauf spezialisierter Dienstleister. In jedem Fall aber sollte ein Bericht zur durchgeführten Sachverhaltsaufklärung inklusive Ergebnisse und einem Vorschlag für das weitere Vorgehen an die Muttergesellschaft weitergeleitet werden. Eine entsprechende Vorgabe der Konzernzentrale ist aus unserer Sicht unumgänglich, da wir in der Praxis leider schon zu oft erlebt haben, dass Sachverhalte innerhalb der Tochtergesellschaft „intern geklärt“ wurden, ohne die Muttergesellschaft zu informieren. Das kann dann dazu führen, dass identifiziertes Fehlverhalten nicht angemessen aufgeklärt, sanktioniert und langfristig abgestellt wird. Und/ oder wird der Muttergesellschaft dadurch die Möglichkeit genommen, regionale Herausforderungen oder Muster zu identifizieren, die möglicherweise auch in anderen Ländern und Entitäten eine Rolle spielen.

 

Erst die Betriebsvereinbarung dann die Interne Untersuchung

Auch hier gilt: Wenn es darauf ankommt, muss schnell gehandelt werden – und das ist nur dann möglich, wenn hilfreiche Abstimmungen vorher getroffen worden sind.

Das heißt, dass folgendes zu Internen Untersuchungen (sogenannte Internal Investigations) mit dem Betriebsrat idealerweise abgestimmt und mittels Betriebsvereinbarung geregelt sein sollte: Die Voraussetzungen für die Einleitung einer Internen Untersuchung und der grundsätzliche Ablauf und die Vorgehensweise für die Durchführung. Alle weiteren operativen Details werden dann am besten in einer gesonderten Richtlinie geregelt.

 

Folgen Sie auch weiterhin unserem Blog. Im nächsten Teil geht es um die herausfordernden Themen Betriebsvereinbarungen zu Internal Investigations und das Dilemma der Sanktionen. An dieser Stelle! In zwei Wochen!

 

>>>>> english version >>>>>

Part 9 of the blog series on the EU Whistleblower Directive: Practical tips for corporate decision-makers

When did you last talk to the works council about compliance?

The management has decided: In addition to the existing reporting channel, another reporting channel for whistleblowers should be introduced in the company: It is about the use of an ombudsperson. The works council has no right of co-determination in this case. Nevertheless, the management involves the works council. In today’s episode of our joint blog series on whistleblower protection, Dr. Rainer Buchert and I explain why this is extremely useful and what advantages both sides have from working together on this issue.

More than once we have experienced in practice that the fight against white-collar crime in the company is made unnecessarily difficult if the compliance department does not seek dialogue with the works council at an early stage. For example, the appointment of an ombudsperson is a good occasion to seek communication with the employee representatives. This involves, for example, the aforementioned reporting system itself, but also the framework conditions for internal investigations that may be necessary to clarify the facts of a matter, as well as the possible sanctioning of individual employee misconduct. But one thing after the other.

 

Convince instead of negotiating

Often, communication with the works council is limited to those issues that are subject to co-determination. These include company agreements, for example, on how to deal with internal investigations based on information received hints. However, the works council’s consent is not required if the company establishes an ombudsperson as an additional reporting channel to an existing one. Nevertheless, it is advisable to contact the works council at an early stage. Then it is generally possible to communicate to the works council the benefits of an efficient reporting system that effectively protects the identity of whistleblowers. If the desired acceptance is achieved among the staff representatives, they will also speak out to the employees in favour of using the reporting system. Then management and the compliance department have an influential supporter in the works council right from the start. This support can go as far as sanctioning individual „black sheeps“. This is because they can bring an entire company into difficulties by committing white-collar crime for their own benefit.

 

Indications of sexual harassment and racism: this requires professionalism and empathy

Since the beginning of the globally acclaimed #MeToo movement, evidence of sexual harassment, but also discrimination and racism, has increased in many companies. This poses new challenges for companies. We have already experienced on several occasions that the head of human resources likes to take the lead when it comes to information on such topics, in this case the questioning of the whistleblower and simultaneous „victim“ – and not exactly in a sensitive manner: Relentless questioning and insistence on the question of who caused the problem are often the characteristics of such a style of conversation, which without the necessary empathy certainly does not lead to the clarification of the matter.

 

Do your employees also have access to a female ombudsperson?

Especially a potential female whistleblower, but also male whistleblowers, may be inhibited to report such a matter to a male ombudsperson. It is therefore advisable to make it possible for women and men to report sexual harassment to a woman rather than a man. The perception of who is the right and trustworthy contact person is very subjective. But the fact is: the better the whistleblower feels that he or she is being taken care of and understood, the more likely he or she will be motivated to report actual grievances. Many companies that used to work exclusively with an ombudsman have therefore switched to (also) enabling contact with an ombudswoman.

 

A matter for specialists

If an internal investigation is conducted after a reliable tip-off about misconduct in the #MeToo context, the company should only use appropriately trained experts for this purpose, who usually come from outside due to their special expertise. They should have the experience and know-how to assess the psychological state of the whistleblower, know how to conduct an interview appropriately and be familiar with the legal framework to be applied in such cases as well as the requirements for preserving evidence. In our view, the commissioning of Internal Audit with an investigation in this context can only be considered if it has the aforementioned competences.

 

It gets more complicated with branches abroad

Companies with branches in different countries have to answer the question in which languages the whistleblower reporting system should be set up. Only in German? English? Or in all represented national languages? Our recommendation is clear: In the interest of the acceptance of the reporting system and the authorities that may investigate a reported violation, the reporting system should be made available in the respective national language of the subsidiary.

The question of how to process reports received by a subsidiary abroad is also frequently discussed. For example, should every tip-off be forwarded to the parent company immediately and before an initial review? We already dealt with this topic in this blog series (Part 5).

 

In the end, nothing works without the parent company

Our recommendation in the case described above is clear: If expertise and capacities are available, indications should first be investigated locally, if necessary, with the support of specialised service providers. In any case, however, a report on the clarification of the facts, including the results and a proposal for further action, should be forwarded to the parent company. In our view, a corresponding requirement from the group’s head office is indispensable, as we have unfortunately experienced all too often in practice that matters have been „clarified internally“ within the subsidiary without informing the parent company. This can lead to identified misconduct not being adequately clarified, sanctioned and remedied in the long term. And/ or the parent company is thereby deprived of the opportunity to identify regional challenges or patterns that may also play a role in other countries and entities.

 

First the company agreement then the internal investigation

Here, too, the following applies: When it comes down to it, action must be taken quickly – and this is only possible if helpful agreements have been reached beforehand.

This means that the following internal investigations should ideally be agreed with the works council and regulated in a works agreement: The prerequisites for initiating an internal investigation and the basic process and procedure for carrying it out. All further operational details are then best regulated in a separate guideline.

 

Continue to follow our blog. The next part will be about the challenging topics of company agreements on internal investigations and the dilemma of sanctions. In this space! In a fortnight!

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