Nadine Jacobi
Die "Pragmatisch Gepunktete Kirche"Teil 2

Achtung: Hier spricht nicht die Polizei!

„Jetzt lassen Sie mal die Kirche im Dorf“, „Machen Sie mal ‘n Punkt“ und „Sie müssen das pragmatisch sehen“. Sprüche wie diese hören Compliance Officer öfter als alle anderen. Sie sind ärgerlich, nervig und sollen die sachliche Diskussion abwürgen – ich nenne sie „pragmatisch gepunktete Kirchen“ – oder kurz „PGK“-Spruch.

Schwierige Gesprächssituationen mit Vorgesetzten und Kollegen entstehen häufig dann, wenn in Schubladen gedacht wird. Insbesondere unter Stress aktiviert unser Gehirn den Eco-Modus; alle Synapsen werden für die Lösung des Problems benötigt. Dadurch steht nicht mehr genügend Energie zur Verfügung, sich in die Rolle des Gesprächspartners hinein zu versetzen, das Problem aus dessen Perspektive zu betrachten. Geschieht dies bei beiden Gesprächspartnern, endet die Diskussion nur äußerst selten mit der bestmöglichen Lösung. Im schlimmsten Fall werden die verwendeten Denkmuster weiter gefestigt und bei nächster Gelegenheit automatisch reaktiviert.

Als Compliance Officer begegnen uns viele Denkmuster. Folgendes Beispiel habe ich mehrfach gehört:

„Compliance ist die Polizei des Unternehmens.“

Auch wenn dieser Satz in einem lockeren Rahmen fallen sollte, zum Beispiel in einer Kaffeepause, sollten wir wachsam sein. Das meist mit verschmitztem Lächeln vorgebrachte Bonmot hat die Eigenschaft eines Trojaners: Er nistet sich ein und tritt meistens in einem unerwarteten und unpassenden Moment in Erscheinung. Am besten, Sie entkräften dieses Denkmuster sofort, an Ort und Stelle. Mit genau der gleichen Dosis Humor:

„Der Vergleich mit einem Streetworker ist zutreffender: Beide beraten in Notlagen, schützen vor unüberlegtem Handeln und werden als Anti-Aggressionstrainer gefordert.“

Vielleicht haben Sie als LeserIn dieses Blogs bereits erfolgreich ein anderes Bild von Compliance kreiert. Schreiben Sie mir, ich freue mich auf Anregungen!

Noch so eine pragmatisch gepunktete Kirche ist:

„Wir gehen davon aus, dass diese Regelung den Compliance-Ansprüchen gerecht wird.“

Ein weiteres Denkmuster, das zu einer Vollstreckungs- oder Justizbehörde passt. Aber Compliance ist weder Hüter noch Verfasser des Gesetzes. Unsere Replik könnte also so aussehen:

„Es gibt keine ‚Compliance-Ansprüche‘. Es gibt externe und interne Regelungen. Compliance hilft, diese einzuhalten.“

Dies ist umso wichtiger für Unternehmen, da sich in den vergangenen Jahren die Zahl der gesetzlich relevanten Regelungen erheblich erhöht hat und die Sanktionen gegen unerlaubte Unternehmenshandlungen drastisch verschärft haben.

Ein naher Verwandter dieser Fehleinschätzung ist die folgende, immer wieder zu hörende Anweisung:

„Compliance soll für diese Aktion Regelkonformität herstellen.“

Sie erkennen auch hier den Imperativ. Dabei ist Compliance gar nicht in der Lage, eine Handlung „compliant zu machen“. Die Forderung Ihres Kollegen zur nachträglichen Herstellung von Regelkonformität für eine non-compliant Vorgehensweise ist somit nicht erfüllbar. Weder von der Compliance-Abteilung noch von irgendjemand anderem. Verdeutlichen können Sie dies Ihrem Kollegen mit folgendem Vergleich:

„Sie könnten mir genauso gut sagen: Für den Geschäftsabschluss muss ich auf einer Straße mit Geschwindigkeitsbegrenzung von 120km/h aber 160 km/h schnell fahren. Compliance soll das möglich machen.

Klappt nicht. Nicht gegenüber der Verkehrspolizei und auch nicht im Geschäftsleben!“

Schreiben, kommentieren, kritisieren Sie! Teilen Sie die dümmsten, frechsten, unglaublichsten Sprüche aus Ihrem Arbeitsalltag.

Ich freue mich über Ihre Anregungen und greife Sie gerne in meinem nächsten Blog auf, anonymisiert oder mit Namensnennung, ganz wie Sie möchten. Am Ende dieser Reihe möchte ich alle Berufskolleginnen und Berufskollegen bestmöglich vorbereitet wissen für die nächste Kirche im Dorf. Sie wissen schon, die mit den pragmatischen Punkten.

Bis nächste Woche. Bleiben Sie bis dahin gesund und compliant!

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