Teil 6 meines Blogs. Liebe Compliance Officer, bitte seien Sie kommunikativ!
In der Corona Krise wird wieder besonders deutlich, dass Gesundheit das Wichtigste ist! Und auch die wirtschaftlichen Auswirkungen werden gravierend sein – Unternehmen werden um ihre Existenz bangen und auch zu pragmatischen Lösungen greifen. Für uns Compliance Officer, die aktuell oft von zu Hause arbeiten, bleibt der Job herausfordernd. Ich möchte auch weiterhin mit meinem Blog einen Beitrag dazu leisten, dass wir für die Herausforderungen unseres Jobs als Compliance Officer gewappnet sind.
Wir haben vergangene Woche neun der zehn wichtigsten Fähigkeiten und Eigenschaften eines erfolgreichen Compliance Officers behandelt. Dem Punkt „seien Sie kommunikativ“ widme ich gleich mehrere Folgen, weil er aus meiner Sicht in der Compliance-(Überzeugungs-)Arbeit eine zentrale Rolle spielt. Am Anfang steht das Konzept.
Bei Compliance geht es nicht nur um das Regelwerk, das zum jeweiligen Unternehmen passen muss. Von vornherein zum Scheitern verurteilt sind überzogene Vorgaben in einem Kompendium, das ausgedruckt mehrere hundert Seiten füllt und US-amerikanische oder britische Vorgaben berücksichtigt – obwohl die Firma dort gar keine Geschäftsbeziehungen pflegt. Und schon sind wir bei der formalen Kommunikation: Die formulierten Maßgaben müssen der Zielgruppe gerecht werden! Im Compliance-Bereich nennen wir das „adressatengerechte Kommunikation“.
So weit, so einfach und einleuchtend. Nun kommt die erste Hürde: Habe ich die Zielgruppen analysiert, die ich als Compliance Officer erreichen muss, um Geschäftsvorgänge und die Kultur des Unternehmens nachhaltig zu prägen? Dabei ist es ratsam, die Belegschaft in unterschiedliche Risikogruppen einzuteilen. Vertrieb und Einkauf können in vielen Unternehmen aufgrund ihres Geschäftskontakts mit Dritten von höherer Relevanz sein als Mitarbeitende in der Produktion oder im Bereich Operations. In einigen Branchen kann es wiederum ganz anders gelagert sein.
Mitarbeiter sind aber auch Führungskräfte. Sie haben nicht nur die Verantwortung, sich stets regelkonform zu verhalten, sondern auch die wichtige Aufgabe, ihre Mitarbeiter zu motivieren, die Richtlinien zu befolgen. Wichtig ist es, die relevanten Schaltstellen innerhalb des Organigramms zu erreichen. Nur dadurch kann ich sicherstellen, dass die Botschaften weiter in das Unternehmen getragen werden. Denn Ziel ist es, dass Compliance in die DNA des Unternehmens übergeht.
Eine weitere Zielgruppe sind die sog. 3rdParties , also Subunternehmer, Zulieferer, Distributoren, Agenten und Berater. Pflegt das Unternehmen beispielsweise Geschäftsbeziehungen zu britischen Unternehmen, schreibt der UK Bribery Act unter anderem vor, diese Stakeholder adäquat über die eingeführten Richtlinien und Verhaltensanweisungen des Compliance Management Systems zu informieren. Die Richtlinie des US-amerikanischen Justizministeriums DOJ aus April 2019 geht sogar darüber hinaus: Sie erwartet von Unternehmen, die an der amerikanischen Börse gelistet sind oder einen sonstigen Berührungspunkt zu den USA haben – wie etwa eine Transaktion, die über die USA gelaufen ist – , dass diese ihre 3rdparties einer Sorgfaltsprüfung (Due Diligence) unterziehen. Darüber hinaus sollen die 3rdParties durch das beauftragende Unternehmen in Compliance-Themen geschult werden. Dies zeigt, dass zumindest bei global agierenden Unternehmen die Verantwortung nicht (mehr) an der eigenen Haustür endet.
In der Praxis hat es sich als hilfreich erwiesen, 3rdParties einen auf sie ausgerichteten, in der Regel verkürzten Verhaltenskodex zu übergeben. Ein Pamphlet von 30 und mehr Seiten, die nur zum Teil auf die 3rdParty anwendbar ist, wird niemand ernsthaft lesen.
An Relevanz gewinnen wird diese Vorgehensweise sicherlich auch in Deutschland, wenn das Verbandssanktionengesetz, kurz VerSanG, in Kraft tritt. Hiernach sollen „Verbände“ zukünftig für Straftaten ihrer Mitarbeiter sanktioniert werden können. Die Koalition hat sich kürzlich endlich einigen können, so dass der aktuelle Entwurf nunmehr in die Verbandsanhörung geht. Der Entwurf sieht vor, dass interne Untersuchungen und ein effizientes Compliance-Management-System sich bußgeldmindernd (bis zu 50% der vorgesehenen Strafe) auswirken können. Auch die Art der Sanktion, zum Beispiel Auswahl der mildesten Sanktion, der Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt, wird dadurch beeinflusst.
Sie sehen: Es bedarf eines Kommunikationskonzeptes, mit dem ein Compliance-Officer alle relevanten Weichenstellungen definiert und gegenüber dem Vorstand, dem Betriebsrat – und im Falle des Falles auch auf Anfrage von Behörden – transparent darstellen kann. Nächste Woche geht es um Praxistipps für die gute Compliance-Kommunikation. Bleiben Sie bis dahin gesund und compliant!
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